Es gibt Wege, die nicht geplant werden – sie entstehen, weil Menschen, Orte und Begegnungen den nächsten Schritt weisen. Die Jahre in der Hotellerie und Gastronomie waren ein solches Kapitel: ein prägender Abschnitt voller Eindrücke, Werte und Erfahrungen, die bleiben. Jede Station hatte ihre eigene Handschrift und fügte dem Verständnis von Gastgebertum eine neue Facette hinzu.
Belvoirpark Zürich – Das Fundament bekommt Schliff
Der Eintritt in die Hotelfachschule Belvoirpark war kein Start von Null. Die kombinierte Service- und Kochlehre, Praxiserfahrung sowie die Auszeichnung als Vizelandesmeister der Jungköche in Nordrhein-Westfalen lagen bereits hinter einem. Im Belvoirpark erhielt dieses Fundament Veredelung: Präzision, Stil, Haltung – und die Kunst, aus Professionalität Gastgebertum werden zu lassen. Nicht Routine, sondern Anspruch. Nicht Technik, sondern innere Haltung.

Arosa – Die ersten Schritte am Gast
Hotel Savoy, Arosa (später Robinson Club bis 2024)
In Arosa begann Gastfreundschaft, Begegnung zu werden. Das Hotel Savoy bot jene erste Bühne, auf der Gäste nicht Teil eines Lehrplans waren, sondern Mittelpunkt des Handelns. Namen, Gespräche, Wiedersehen – Nähe entstand natürlich und wurde zur Quelle echter Freude. Hier zeigte sich, dass Gastgebertum dort beginnt, wo Service endet: im Interesse am Menschen und im Moment der Zuwendung.
Lugano – Stil, Eleganz und südliche Gastkultur
Hotel Meister, Lugano (heute Novotel)
Lugano fügte dem Bild eine mediterrane Note hinzu. Das Hotel Meister verband Schweizer Anspruch mit italienischer Leichtigkeit. Es war eine Schule der Eleganz ohne Steifheit, des Stils ohne Distanz. Gastlichkeit zeigte sich hier sinnlicher, wärmer und geselliger – mit jenem Hauch „dolce vita“, der bleibt, ohne an Professionalität einzubüßen. Ein Ort, der lehrte, dass Qualität und Herzlichkeit einander verstärken.
London – Die Schule des Tempos und der Welt
London verlangte Tempo, Anpassungsfähigkeit und innere Ruhe. Die Systemgastronomie dort war keine Bühne für Kulinarik – aber eine Schule für Haltung. Zwischen Sprachen, Kulturen und dauernder Bewegung zeigte sich, dass Gastfreundschaft unabhängig von Ambiente funktioniert. Wenn sie in der Geschwindigkeit einer Weltstadt bestehen kann, trägt sie überall. London öffnete den Blick für Vielfalt – und dafür, wie unterschiedlich „Willkommen“ klingen kann.
St. Moritz – Verantwortung auf hohem Parkett
In St. Moritz wurde aus Erfahrung Führungsverantwortung. Als stellvertretender Leiter eines renommierten Hauses der Engadiner Hotellerie galt es, gehobene Ansprüche, Diskretion und eine traditionsreiche Servicekultur zu verbinden. Exzellenz war hier nicht Ziel, sondern Selbstverständnis – getragen von Teamgeist, Verlässlichkeit und Stil. Ein Umfeld, das forderte, förderte und prägte.
Die Walliser Jahre – Reife in den Bergen
Die Zeit als Hoteldirektor in Zermatt mit parallelen Betriebsleitungen in Brig und Arolla bildete ein Kapitel, das weniger von Hausnamen als von Menschen, Momenten und Verantwortung geprägt war. Die Berge verleihen Dingen Gewicht. Entscheidungen tragen weiter, Teams rücken näher zusammen, Gäste bleiben länger im Herzen. Hier entstand jene innere Ruhe und Reife, die aus einem Beruf eine Berufung macht. Die Walliser Jahre gaben dem Gastgeberweg Tiefe, Identität und Erdung.
Horizonte – Gastgebertum in mehreren Kulturen
Mit dem Schritt zur Horizonte AG öffnete sich die Gastgeberwelt weit über die Alpen hinaus. Als stellvertretender Geschäftsleiter der 12 Hotels & Resorts der Horizonte AG, einer damaligen Tochtergesellschaft von Hotelplan/Migros, verantwortlich für Marketing und Verkauf sowie die interimistische Leitung einzelner Häuser, führte die Aufgabe in unterschiedliche Kulturen des Willkommens – jeweils mit eigener Dynamik und Handschrift:
Ikaros Beach Luxury Resort & Spa, Malia, Kreta
RBC Riviera Beach Club, Hyères, Côte d’Azur
Pueblo Eldorado Playa, Cambrils, Costa Dorada
Club Caribbean, Montego Bay, Jamaika
Hotel Corte dei Butteri, Fonteblanda, Toskana
Hotel Castell, Zuoz
Hotel Regina, Wengen
Hinzu kamen weitere größere Hotels und Resorts im Mittelmeerraum, in Nordafrika und auf den Malediven, die im Laufe der Jahre bis 2008 sukzessive verkauft wurden. Jedes Haus war ein eigenes Kapitel – mit eigenem Rhythmus, eigener Kultur und eigenem Verständnis von Gastlichkeit. Gastgebertum wurde hier zur Weltreise.
Dieser Weg war mehr als eine berufliche Stationenfolge. Er war Lehrmeister auf Augenhöhe. Er zeigte, dass Gastgebersein keine Funktion und keine Branche ist – sondern eine Haltung: Menschen sehen, ihnen Raum geben und ihnen das Gefühl schenken, angekommen zu sein.
Später führten neue Phasen in die Touristik und schließlich als Unternehmer in die Welt der Personal- und Führungskultur – erneut mit demselben Kern: Potenzial erkennen, Entwicklung ermöglichen und Verbindung schaffen.
Denn eines blieb über all die Jahre gleich:
Gastgebersein ist kein Kapitel. Es ist ein Stück Identität.
Ansgar Schäfer